
Der Vitamin-D-Spiegel in Zeiten der Pandemie
Vitamin D und das Immunsystem
Seit einigen Jahren ist bekannt, dass die Effekte von Vitamin D weit über die optimale Steuerung des Kalziumstoffwechsels und damit zusammenhängenden Aufbau und Erhalt gesunder Knochen hinausgehen. Tatsächlich reguliert es die Aktivität von mehr als 1.000 Genen im menschlichen Körper. Es hat zentralen Einfluss auf die Aktivität vieler Körperfunktionen, zu denen auch das Immunsystem gehört. Der positive Einfluss eines optimierten Vitamin-D-Spiegels auf das Immunsystem ist wissenschaftlich gesichert und durch klinische Studien überzeugend belegt. Daher darf mit dem Aufdruck „Vitamin D fördert die normale Funktion des Immunsystems“ auch bei Nahrungsergänzungsmitteln auf diese gesundheitsförderliche Eigenschaft hingewiesen werden.
Unser gesamtes Immunsystem ist in seiner Alarmbereitschaft und Aktivierbarkeit abhängig von der Höhe des Vitamin-D-Spiegels im Blut. Weil die Eigenproduktion von Vitamin D in der Haut im Sommer immer häufiger nur eingeschränkt gewährleistet ist, wird laut aktuellen Studienergebnissen in Deutschland bei inzwischen 80% der Bevölkerung kein ausreichender Puffer mehr aufgebaut, um im Winter ein kritisches Absinken des Vitamin-D-Spiegels zu verhindern. Wird hingegen im Winterhalbjahr der Vitamin-D-Spiegel durch Supplementierung auf einem für die Aktivierbarkeit des Immunsystems optimalen Niveau gehalten, sinkt die Anfälligkeit für grippale Infekte und das Risiko an der echten Grippe (Influenza) zu erkranken. In klinischen Studien konnte durch Supplementierung mit Vitamin D das generelle Risiko für ein Auftreten von Atemwegserkrankungen um 35% reduziert werden.
Langfristige Unterversorgung
Grundsätzlich zeigen die statistischen Daten, dass unser Immunsystem den schwerwiegenden Verlauf einer Erstinfektion mit dem neuen Coronavirus bei ausreichender Aktivität meist verhindern kann, denn Zusammenhänge von Vitamin-D-Spiegeln & schweren COVID-19-Verläufen erscheinen Experten als naheliegend. Die bisher getroffenen Maßnahmen zur Kontaktvermeidung und verstärkter Hygiene sollen die Geschwindigkeit der Ausbreitung des neuen Coronavirus ausbremsen. Wann eine Möglichkeit zur wirksamen Schutzimpfung besteht, kann derzeit niemand genau vorhersagen. Aller Voraussicht wird es aber noch mehrere Monate dauern, bis diese allgemein verfügbar sein wird. Da das neue Coronavirus in der ersten Infektionswelle für das Immunsystem „unbekannt“ ist, muss – trotz aller derzeitigen Maßnahmen – jeder davon ausgehen früher oder später in Kontakt mit dem Virus zu kommen und eine Infektion abwehren zu müssen. Grundsätzlich zeigen die statistischen Daten, dass unser Immunsystem den schwerwiegenden Verlauf einer Erstinfektion mit dem neuen Coronavirus bei ausreichender Aktivität meist verhindern kann, denn die Häufigkeit schwerer bis tödlicher Verläufe müsste sonst wesentlich höher sein. Zudem ist bekannt, dass es sich dabei hauptsächlich um Menschen handelt, deren Immunsystem geschwächt ist oder die anderweitig vorbelastet sind. Ob und wie schwer man tatsächlich erkrankt, hängt also vermutlich nicht zuletzt von der Abwehrbereitschaft des körpereigenen Immunsystems ab.
Das eine durch Anhebung des Vitamin-D-Spiegels verbesserte Aktivierbarkeit des körpereigenen Immunsystems die Anzahl schwerwiegender Verläufe insgesamt und insbesondere das individuelle Risiko deutlich senken könnte, halten Experten für wahrscheinlich. Bei Erstkontakt mit einem unbekannten Krankheitserreger dauert es in der Regel mehrere Wochen, bis das erworbene Immunsystem in der Lage ist, ausreichend spezifische Antikörper zu produzieren, die den Erreger selbst deaktivieren sowie auch bereits befallene Zellen erkennen, markieren und nachfolgend gezielt abtöten zu können. Um schwere Verläufe einer COVID-19-Erkrankung zu reduzieren, kommt es daher vermutlich auf eine gute Aktivität des angeborenen Immunsystems an, dessen Aufgabe es ist, unmittelbar eine erste, unspezifische Abwehr gegenüber körperfremden „Eindringlingen“ aufzubauen. Diese soll den Krankheitsverlauf abbremsen, um dem erworbenen Immunsystem Zeit zu verschaffen spezifische Antikörper für die erfolgreiche Abwehr aufzubauen, bevor ein kritisches Stadium erreicht wird. Da das vorsorgliche Bereithalten dieser unspezifischen Abwehr ein für den Körper aufwändiger Prozess ist, hängt seine Aktivierung in besonderem Maße von der Höhe des Vitamin-D-Spiegels ab. Vitamin-D-Experten empfehlen die Anhebung des Vitamin-D-Spiegels auf ein für die präventive Aktivität des Immunsystems gutes Niveau von 40-60 ng/ml als eine sinnvolle, das individuelle Risiko vermindernde, zusätzliche Maßnahme im Zusammenhang mit der COVID-19 Pandemie. Da in Studien für ähnliche Viren festgestellt wurde, dass die Höhe des Vitamin-D-Spiegels in Zusammenhang mit der Schwere des Verlaufs kritischer Lungenkomplikationen steht, ist der zu vermutende positive Einfluss auch auf den Verlauf bei einer COVID-19 Infektion für Vitamin-D-Experten ein Grund, auch in der Therapie bereits Erkrankter eine Anhebung des Blutspiegels auf ein optimales Niveau zu empfehlen.
Gute Vitamin-D-Spiegel - Aktive Gesundheitsprävention
Optimierte Vitamin-D-Spiegel fördern die Alarmbereitschaft des Immunsystems. Das hat auch bei Neuinfektionen mit bisher unbekannten Erregern, wie Bakterien und Viren oft positiven Einfluss auf die Schwere auftretender Symptome und den Verlauf der Erkrankung.
Dr. Lars von Olleschik-Elbheim
Laut Dr. Lars von Olleschik-Elbheim, promoviertem Diplom-Mikrobiologe mit dem Schwerpunkt „Medizinische Mikrobiologie“ stellt sich der Sachverhalt folgendermaßen dar: „Die bisherigen, spontan ergriffenen, weitreichenden Maßnahmen sollen die Ausbreitungsgeschwindigkeit des neuen Coronavirus verlangsamen. Dadurch möchte man die Zahl gleichzeitig auftretender schwerwiegender Komplikationen reduzieren und Zeit gewinnen. Darüber hinaus gibt es noch weitere Maßnahmen, nämlich die Überprüfung und Optimierung der Vitamin D und Mikronährstoffversorgung des Immunsystems, die mit großer Wahrscheinlichkeit das individuelle Risiko reduzieren und sogar bei schwerwiegenden Verläufen positiven Einfluss zeigen könnten. Die Hinweise auf zu vermutende positive Effekte eines Vitamin-D-Spiegels von 40-60 ng/ml in Kombination mit der Sicherstellung einer ausreichenden Versorgung mit weiteren, für die optimale Funktion des Immunsystems relevanten Mikronährstoffen, sind aus meiner Sicht fundiert und an vergleichbaren Viren eindeutig belegt.“
Leider verstarb Dr. Lars von Olleschik-Elbheim, Diplom-Mikrobiologe mit dem Schwerpunkt "Medizinische Mikrobiologie", Ende 2020 im Alter von nur 55 Jahren.
Das es im Winterhalbjahr 2020-21 erneut zu einem deutlichen Anstieg der im Sommer stark abgeflachten Kurve von COVID-19-Erkrankungen kommen kann und dann die Gesundheitssysteme wieder erheblich belasten könnte, war allgemein vermutet worden, denn das generelle Ansteigen viraler Atemwegsinfektionen in der „kalten" Jahreszeit ist fest eingeplanter Bestandteil jedes ärztlichen Jahreskalenders.
Erstaunlicherweise stieg die Kurve jedoch bereits wieder steil an, obwohl es noch überhaupt nicht „winterlich“ kalt war. Statt auf die vermeintliche Schützenhilfe durch den winterlichen Kälteeinbruch zu warten, genügte dem SARS-CoV-2 Virus möglicherweise jedoch bereits, dass in unseren Breitengraden aufgrund des niedrigen Sonnenstands ab Anfang Oktober die Vitamin-D-Eigenproduktion in der Haut zum Erliegen kommt und erst im März des Folgejahrs wieder einsetzt.
Dazu passt, dass im September eine retrospektive Studie veröffentlicht wurde, bei der für eine Gruppe von über 190.000 Amerikanern, quer verteilt über alle 50 Bundesstaaten, die Ergebnisse von RT-qPCR Screenings-Testungen, die von Quest Diagnostics, einem der drei größten klinischen Labore in den USA, durchgeführt wurden mit den Ergebnissen der für diese Personen ebenfalls dort durch geführten Vitamin-D-Spiegel Bestimmungen verglichen wurden. Über die dort übliche einheitliche Patienten-ID ließ sich auch auf das Geschlecht, den Wohnort sowie die Hautfarbe der Getesteten schließen und mit diesem Angaben in Verbindung mit den Wetterdaten auf den Vitamin-D-Spiegel zum Zeitpunkt der RT-qPCR Testung schließen. Die Positivrate der RT-qPCR Screeningtests bei Personen mit Vitamin-D-Spiegel < 20 ng/ml lag um 54% über der Positivrate bei Vitamin-D-Spiegeln zwischen 30 und 34 ng/ml. Die niedrigste Positivrate im SARS-CoV-2-Screening wurde erst ab einem Vitamin-D-Spiegel von 55 ng/ml erreicht. Festgestellt wurde dabei auch das die Positivrate von Personen mit gleichen Vitamin-D-Spiegeln mit der Intensität Ihrer natürlichen Hautpigmentierung zunahm (Kaufmann et.al., 2020).
Eine weitere, im August veröffentlichte klinische Studie, die an einem spanischen Universitätsklinikum durchgeführt wurde, untersuchte den Effekt einer Stoßtherapie mit oral verabreichtem Calcifediol (25-OH-Vitamin-D) an 50 hospitalisierten COVID-19 Patienten gegenüber einer identisch zusammengesetzten Kontrollgruppe mit 26 Patienten. Beide Gruppen erhielten ansonsten dieselbe im Krankenhaus übliche optimale COVID-19 Medikation. Bei 50% der Patienten in der Kontrollgruppe (13 von 26) war eine zeitweilige intensivmedizinische Behandlung erforderlich. 8% der Patienten aus der Kontrollgruppe (2 von 26) verstarben. Demgegenüber war nur bei 2% der Patienten (1 von 50), die ergänzend eine orale Calcefidol-Stoßtherapie erhielten eine zeitweilige intensivmedzinische Behandlung erforderlich. Kein einziger Patient aus dieser Gruppe verstarb. (Castillo et.al, 2020).
Offenbar lohnt es sich sehr, den eigenen Vitamin-D-Spiegel regelmäßig zu überprüfen und aktiv auf einem für die normale Funktion des Immunsystems optimalen Bereich zu halten, um das eigene Infektionsrisiko, über den Effekt der allgemeinen Maßnahmen hinaus, individuell zu minimieren. Und auch, wenn es bereits zu einer Infektion gekommen ist, scheint die rasche Anhebung des Vitamin-D-Spiegels eine überaus sinnvolle Maßnahme zu sein, da sie akuten Krankheitsverlauf positiv beeinflussen kann.
Literatur
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■ Gröber U. und Kisters K. „Patientenratgeber: Vitamin D Die Heilkraft des Sonnenvita-mins“ Wiss. Verlagsgesellschaft Stuttgart. 7. Aufl. 2020
■ Gröber U. und Kisters K. „Patientenratgeber: Wie ich meine Immunsystem effektiv mit Mikronährstoffen stärke – eine Patientenratgeber“ Wiss. Verlagsges. Stuttgart. 2020
■ Hsieh, I-Ni, and Kevan L Hartshorn. “The Role of Antimicrobial Peptides in Influenza Virus Infection and Their Potential as Antiviral and Immunomodulatory Therapy.” Phar-maceuticals (Basel, Switzerland) vol. 9,3 53. 2016
■ Kipshoven, Christoph: Querschnittsstudie zur Abschätzung des Vitamin-D-Status in der Bevölkerung in Deutschland (DEVID-Studie). Dissertation. Med, Fak. D. Univ. Köln. 2010 8 - Worms N. Heilkraft D. Systemed Verlag. 2010
■ Kaufmann et.al. SARS-CoV-2 positivity rates associated with circulating 25-hydroxyvitamin D levels. PLOS ONE, September 17, 2020 https://doi.org/10.1371/journal.pone.0239252
■ Castillo et.al. Effect of calcifediol treatment and best available therapy versus best available therapy on intensive care unit admission and mortality among patients hospitalized for COVID-19: A pilot randomized clinical study. Journal of Steroid Biochemistry and Molecular Biology 203 (2020) 105751