
Nationales Darmkrebsscreening-Programm
Auch in diesem Jahr, und damit zum sechszehnten Mal in Folge, ruft die Felix-Burda-Stiftung den Darmkrebsmonat März aus [1]. Das Ziel dieser Kampagne in aktueller Kooperation mit der Stiftung LebensBlicke und dem Netzwerk gegen Darmkrebs ist seit Jahren unverändert: Durch eine verbesserte Aufklärung der Bevölkerung zur Thematik Darmkrebsentstehung und ein gesteigertes Bewusstsein für die Bedeutung der Vorsorge in diesem Kontext, soll die Anzahl der Neuerkrankungen soweit wie möglich reduziert werden. Viele Experten gehen davon aus, dass durch ein optimiertes Zusammenspiel aus Gesundheitsförderung, den verschiedenen Formen der Prävention, geeigneter Diagnostik und effektiver Therapie, Todesfälle durch Darmkrebs fast gänzlich verhindert werden könnten. In diesem Zusammenhang kommt der Patientenaufklärung durch die Hand der niedergelassenen Ärzteschaft eine besondere Bedeutung zu [2].
Auch in den Zielen des nationalen Krebsplans, wonach die bestehenden Krebsfrüherkennungsangebote zukünftig mit einer höheren Wirksamkeit, Qualität und Sicherheit durchgeführt und von mehr Menschen – basierend auf einer informierten Entscheidung – in Anspruch genommen werden sollen, wird die Vielgestaltigkeit der zu berücksichtigenden Einflussgrößen abgebildet. Dass eine solche Abstimmung der Faktoren für die Erreichung der genannten Ziele unverzichtbar ist, wird aktuell im Rahmen der Umsetzung der Krebsfrüherkennungs-Richtlinie zum nationalen Darmkrebs-Screening deutlich.
Nationales Darmkrebs-Screening Programm: A. Patientenaufklärung gewährleistet, Details zur Diagnostik weitgehend geklärt
Bei der Umsetzung der Richtlinie in Erfüllung der Vorgaben des Krebsfrüherkennungs- und registergesetzes sind für den Teilaspekt der Diagnostik aktuell einige Fortschritte erzielt worden. Auch wenn Regelungen zu den notwendigen Qualitätssicherungsmaßnahmen (z.B. werden die geforderten Ringversuche auch mittelfristig nicht verfügbar sein) weiterhin ausstehen, sind nunmehr einige Fragen zu den Umsetzungsprozeduren geklärt und die Vergütungsbeträge für die ärztlichen Leistungen festgelegt worden [2].
Im Rahmen des Darmkrebs-Screeningprogramms steht ab 1. April 2017 gesetzlich Versicherten die Durchführung einer Untersuchung mittels quantitativem immunologischem Test auf okkultes Blut im Stuhl (iFOB) als Kassenleistung zur Verfügung. Dies bedeutet für Ärzte, die die Früherkennungsuntersuchung auf kolorektales Karzinom durchführen, folgende Änderungen:
Die bisherige GOP 01734 wird gestrichen: Die Untersuchung auf okkultes Blut mit einem Guajak-basierten Test ist ab 1. April im präventiven Bereich keine Kassenleistung mehr. Nur im kurativen Bereich kann dieser Test übergangsweise noch bis zum 1. Oktober 2017 durchgeführt und abgerechnet werden. Die GOP 32040 und die Kostenpauschale 40150 werden zum 1. Oktober 2017 gestrichen. In der GOP 01740 wird der obligate Leistungsinhalt „Ausgabe des Merkblatts“ (das Merkblatt ist in der angepassten Krebsfrüherkennungs-Richtlinie entfallen) gestrichen.
Es wird eine neue GOP 01737 eingerichtet: die ärztliche Leistung der Ausgabe und Rücknahme des Stuhlproben-Entnahmesystems, die damit zusammenhängende Beratung (auch nach positivem iFOB) und die Veranlassung einer Untersuchung auf okkultes Blut im Stuhl werden mit 57 GOP Punkten (ca. 6,00 Euro) bewertet.
Für Laborärzte, die die Laboruntersuchung auf okkultes Blut im Stuhl (iFOB) im Rahmen des Darmkrebsscreening-Programms durchführen, ergeben sich zum 1. April 2017 folgende Änderungen:
Es wird eine neue GOP 01738 (75 Punkte) eingerichtet: hierin abgebildet ist die automatisierte quantitative immunologische Bestimmung von okkultem Blut im Stuhl mit umgehender Befundübermittlung. Sie ist einmal im Krankheitsfall berechnungs-fähig. Voraussetzung für die Abrechnung ist eine Genehmigung der jeweiligen KV entsprechend § 135 Abs. 2 SGB V. Zusätzlich muss für die Abrechnung der KV nachgewiesen werden, dass die durch den Beschluss des Bewertungsausschuss des G-BA vorgegebenen Anforderungen an das eingesetzte Testverfahren erfüllt sind (gemäß § 39 Abs. 1 der KFE-RL). Ergänzend wird eine neue GOP 32457 (6,21 Euro) zur quantitativen immunologischen Bestimmung von okkultem Blut im Stuhl bei kurativer Untersuchungsindikation eingerichtet.
Auch für den Teilbereich der Patientenaufklärung ist ein Fortschritt festzustellen: Das IQWiG hat die endgültigen Fassungen der Einladungsschreiben und Entscheidungshilfen zum Darmkrebs-Screening vorgelegt [3]. Darin werden die Anspruchsberechtigten sowohl zur Koloskopie als auch zum neuen immunologischen Testverfahren (quantitativer Test auf okkultes Blut im Stuhl) aufgeklärt, und damit eine informierte Entscheidung der Patienten für oder gegen eine Teilnahme am Screening-Programm ermöglicht.
Nationales Darmkrebs-Screening Programm: B. Das Dilemma der flankierenden Diagnostik
Eine der schwierigsten Teilfragen im Kontext der laufenden Beratungen des Bewertungsausschusses des G-BA zu den ausstehenden Teilbeschlüssen des Programms bezieht sich auf die Frage nach der vorzuhaltenden adäquaten Diagnostik außerhalb des gesetzlich geregelten Anspruchs der GKV-Versicherten. Hierin kommen auch gesundheitspolitische und medizinethische Aspekte zum Tragen. Wie können die unterschiedlichen Bestimmungen von EBM und GOÄ sinnvoll harmonisiert werden, wenn der quantitative iFOB-Test als angemessene Versorgungsform gilt? Kann der verantwortungsvoll handelnde, niedergelassene Arzt einen qualitativ auszuwertenden, immunologischen Stuhltest (iFOB) wie bisher als individuelle Gesundheitsleistung anbieten, wenn das Screening-Programm auf dem als diagnostisch höherwertig angesehenen, quantitativen immunologischen Nachweisverfahren beruht? Zumal dann, wenn mit einem zunehmenden Problembewusstsein in der Bevölkerung auch mit einem Anstieg der eigenmotivierten Nachfrage nach einer angemessenen Diagnostik außerhalb des Programms zu rechnen ist?
Zwar hält der Medizinproduktemarkt etablierte Alternativverfahren mit verbesserter diagnostischer Güte wie etwa immunologische Nachweise mit Parameter-kombinationen (u.a. Hämoglobin und Hämoglobin-Haptoglobin-Komplex oder Hämoglobin und Pyruvatkinase M2) bereit [3], diese wurden bislang von den Verwendern jedoch eher weniger häufig eingesetzt, als die herkömmlichen iFOB-Tests. Ob die ausstehenden Teilbeschlüsse des Bewertungsausschuss des G-BA zur Lösung dieser Problematik z.B. mit der Einführung angemessener Regelungen zur Leistungsvergütung beitragen können, bleibt abzuwarten. Nach heutigem Kenntnisstand werden vermutlich auch nach dem Vorliegen einer vollständigen Beschlussfassung zur Umsetzung der Krebsfrüherkennungs-Richtlinie nicht alle Aspekte einer erfolgreichen Realisierung des Darmkrebs-Screening Programms abschließend geklärt sein können.
Nachweise
[1] https://www.felix-burda-stiftung.de/unsere-projekte/darmkrebsmonat
[2] http://www.kbv.de/
[3] https://www.iqwig.de/download/P15-01_Abschlussbericht_Einladungsschreiben-und-Entscheidungshilfe-zum-Darmkrebs-Screening.pdf